Asit DATTA / Gregor LANG-WOJTASIK (Hrsg.)

Bildung zur Eigenständigkeit – Vergessene reformpädagogische Ansätze aus vier Kontinenten
in: Historisch-vergleichende Sozialisations- und Bildungsforschung, Bd. 6
IKO- Verlag für Interkulturelle Kommunikation, Frankfurt/London, 2002, 300 S.
ISBN 3-88939-644-5

„Nur wenn der einzelne das Gefühl seiner persönlichen Verantwortung für das, was er lernt und lehrt, wiedergewinnt, kann die Entfremdung des Lernens vom Leben überwunden werden.“ Diesen Satz könnte man ohne weiteres für die Waldorfpädagogik vereinnahmen – er stammt von Ivan Illich.

„Bildung zur Eigenständigkeit“ ist der Titel eines Sammelbandes, in dem 21 Aufsätze zum Thema Reformpädagogik aus Amerika, Afrika, Asien und , fast nebensächlich, Europa, zusammengetragen sind. Bestimmt nicht alle sind „vergessen“, wie der Untertitel weiter suggeriert. Einen beträchtlichen Teil nehmen die Ideen von Paulo Freire ein, der auch in vielen Aufsätzen zitiert wird.

Bei diversen Artikeln, die sich stärker auf Einzelpersönlichkeiten und ihre pädagogischen Ansätze beziehen, wird in einem Kasten ein einseitiger Überblickslebenslauf wiedergegeben, den ich sehr hilfreich empfand z. B. bei Blyden (Westafrika, 19. Jh.), Cabral, Nyerere, aber auch Tagore oder Freinet. Jeder Aufsatz hat ein eigenes Literaturverzeichnis mit weitgehend aktuellen Quellen, ein Gesamtregister fehlt leider.

Größtenteils ist der Stil gehoben, aus dem Überblick schreibend. Fallstudien sind im Buch nur andeutungsweise enthalten, d.h. der Leser vermisst die konkrete Umsetzung der Ideen und damit bleibt der Gesamteindruck etwas blässlich-abstrakt.

Beeindruckt hat mich besonders der Aufsatz von G. Lang-Wojtasik zu Gandhis „Nai Talam“, der Basis-Erziehung im Sinne eines lebenslangen Lernens für alle.

Ganz selten spürt man einen Hauch einer Idee eines allgemeinen, kulturunabhängigen Menschenbildes, oft hingegen sozialpolitische Gedanken, berechtigterweise für alle Länder, die sich aus den Fesseln der Kolonialmächte befreiten.

Insgesamt habe ich die meisten Aufsätze mit Gewinn gelesen. Sie erweitern den Horizont gerade in der gegenwärtigen PISA-geprägten Diskussion und richten den Blick auf Wesentliches.

 

(Wolfgang Creyaufmüller, Aachen)